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26. − 28. November 2020 / Vorträge jeweils ab 20:00
6. Internationales Choreografenatelier
Grenzbereiche - Ein Themenraum

schwere reiter

Die Auftaktveranstaltung des 6. Internationalen Choreografenateliers wird nun zur ONLINE-Vortragsreihe.

Das Format des Ateliers teilt sich in zwei Teile, die coronabedingt zeitversetzt stattfinden - der öffentliche Teil: die Vortragsreihe zum Thema Grenzen - ist als LIVE-STREAM zu verfolgen - der interne Teil für die Münchner Choreograf*innen und ihre internationalen Gäste wird auf nächstes Frühjahr verlegt.

Der Auftakt des Choreografenateliers 2020/21 lädt ein zu einem Streifzug durch die unterschiedlichsten Denkfiguren rund um den Begriff der „Grenze“. Grenzthematiken als Gegenstand und Metapher in Politik, Raumforschung, Philosophie, Cultural Studies, Soziologie, Biologie, Psychologie, Kunsttheorie etc. finden ihren Niederschlag bei gesellschaftlich zentralen Fragen zu Identität, Territorium, Geschlecht, Klasse, Nation, Kultur, Gesundheit oder Religion. Grenzen scheinen einerseits heute mehr und mehr zu verschwimmen, gleichzeitig gibt es eine offensichtliche Sehnsucht nach Eindeutigkeit und Zugehörigkeit, die sich äußert in Abgrenzungs– und Ausgrenzungsthematiken.

Frau Dr. Daniela Rippl (Kulturreferat der LH München) eröffnet die Reihe am Donnerstag, 26. November, 20:00, mit einleitenden Worten.
Der erste Redner ist Thomas Fuchs, Karl-Jaspers-Professor aus Heidelberg, er spricht über "Die Corona-Pandemie als kollektive Grenzsituation". Michaela Ott (Professorin für Ästhetische Theorien/Hamburg), Günter Lempa (Psychoanalyse/München), Thomas Dörfler (Human- und Kulturgeographie/Bayreuth) und das gefilmte Gespräch zwischen den Biophilosophen Spyridon Koutroufinis (Athen) und René Pikarski (Berlin), folgen im Programm, verteilt auf drei Abende.

Die Vorträge werden LIVE gestreamt und sind teilweise auf einem YouTube-Kanal abrufbar. Bitte melden Sie sich an über termine@tanztendenz.de, dann wird Ihnen der Zugangslink zugesandt. Die Teilnahme ist kostenfrei. Es besteht die Möglichkeit, im Anschluss an den Vortrag Fragen zu stellen und mitzudiskutieren.

Eine Programmübersicht im FLYER: PDF zum Download

Das Gespräch zwischen Spyridon Koutroufinis und René Pikarski können Sie bereits auf dem YouTube-Kanal der Tanztendenz München verfolgen. Die anderen Vorträge werden dort auch zum Nachhören bereit gestellt. [ YouTube ]

Referent*innen, die 2020 im Teil 1 das Terrain markieren:

Donnerstag, 26. November 2020, 20 Uhr
Thomas Fuchs (Phänomenologie und Psychiatrie):
"Die Corona-Pandemie als kollektive Grenzsituation"

Freitag, 27. November 2020, 20 Uhr
Michaela Ott (Individualismuskritik):
"Grenzverwischungen im bio- und soziotechnologischen Bereich"

Freitag, 27. November 2020, im Anschluss
Günter Lempa (Psychoanalyse):
"Grenzen überwinden - Grenzen schützen?
Überlegungen aus psychoanalytischer Sicht"

Samstag, 28. November 2020, 20 Uhr
Thomas Dörfler (Humangeographie):
„Die Dialektik der Grenze: Notwendigkeiten und Irrationalitäten kultureller Einhegung“

Auf Abruf im Archiv - online
Spyridon Koutroufinis / René Pikarski (Biophilosophie):
„Die Grenze als kreativer Prozess“
Ein Gespräch zwischen Athen und Berlin

Konzept: Micha Purucker
Technik: Michael Kunitsch, Roland Wawoczny, Goran Budimir
Video: Ikenna Okegwo
Übersetzung ins Englische (Pressetexte): Christine Madden
Pressearbeit: Beate Zeller
Vielen Dank an Dunja Bialas (Filmauswahl)
und vielen Dank an die Dolmetscher-Teams vom Fremdspracheninstitut München, die die Vorträge für die internationalen Gäste ins Englische übertragen.


Vorträge online

  • Do 26. November, 20:00
    Thomas Fuchs: Die Corona-Pandemie als kollektive Grenzsituation

    Nach Karl Jaspers steht der Mensch vor einer Grenzsituation, wenn sein bisheriges „Gehäuse“ von Selbstverständlichkeiten, Grundannahmen und Glaubenssystemen, die Schutz vor den Widersprüchen des Daseins bieten, zusammenbricht. Insofern haben Grenzsituationen einen aufdeckenden Charakter. Dieses Konzept lässt sich auch auf kollektive Situationen wie die gegenwärtige Pandemie anwenden: Unsere bisherigen Orientierungen auf die Zukunft hin sind vorerst ausgesetzt; wir müssen mit Unsicherheit leben. Doch eine Grenzsituation eröffnet nach Jaspers aber auch die Möglichkeit, die eigene Existenz neu zu ergreifen. In ähnlicher Weise kann eine kollektive Grenzsituation wie die Corona-Pandemie ein Nachdenken darüber auslösen, wie wir in Zukunft leben wollen. Der Vortrag wird einige Überlegungen zu solchen möglichen Entwicklungen anstellen.

    Thomas Fuchs // Prof. Dr. med. Dr. phil., Psychiater und Philosoph, Karl-Jaspers-Professor für philosophische Grundlagen der Psychiatrie und Psychotherapie an der Universität Heidelberg. Leiter der Sektion Phänomenologische Psychopathologie und Oberarzt an der Psychiatrischen Universitätsklinik Heidelberg. Forschungsschwerpunkte: Phänomenologische Psychologie, Psychopathologie und Anthropologie, Theorien der Verkörperung und der Neurowissenschaften.


  • Fr 27. November, 20:00
    Michaela Ott: Grenzverwischungen im bio- und soziotechnologischen Bereich

    Grenzen leben von fortgesetzter Entgrenzung, Verschiebung und Unterwanderung, sowohl was ihre politischen wie ihre erkenntnistheoretischen Erscheinungs- und Wirkweisen betrifft. Es geht um eine Kritik an überkommenen philosophischen Grenzziehungen und um ein Plädoyer für erkenntnistheoretische und ethische Grenzverwischungen: So wird etwa der Begriff des „Individuums“ kritisiert, da er ein Selbstverständnis der Person als ungeteilte, eigenmächtige und abgrenzbare signalisiert, das aufgrund zeitgenössischer bio- und sozio(techno)logischer Interferenzen, medialer Praktiken und kultureller Verflochtenheiten nicht mehr erkenntnisträchtig und ethisch problematisch erscheint. Daher wird die Ersetzung des Begriffs durch jenen der „Dividuation“ gefordert, der stattdessen Arten der Teilhabe und Partizipation in den Vordergrund rücken will.

    Michaela Ott // Professorin für Ästhetische Theorien an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg; Forschungsschwerpunkte: poststrukturalistische Philosophie, Ästhetik des Films, Theorien des Raums, Theorien der Affizierung und Dividuation, Fragen des Kunst-Wissens, Biennaleforschung, postkoloniale Fragestellungen, afrikanischer und arabischer Film.


  • Fr 27. November, im Anschluss
    Günter Lempa: Grenzen überwinden - Grenzen schützen?
    Überlegungen aus psychoanalytischer Sicht


    Grenzen spielen in der Psychoanalyse eine wichtige Rolle. Wie entsteht in der frühen Entwicklung ein abgegrenztes Ich, wie gelingen Annäherung, Austausch und Trennung zwischen Ich und Objekt, Baby und Caregiver? Ausgehend von diesen "Grenzproblemen" im Nahbereich der zwischenmenschlichen Beziehungen soll versucht werden, Perspektiven auf soziale und politische Themen zu eröffnen. Dabei geht es um die Fragen, inwiefern eine stabile Architektur von Differenzierungen und Grenzen notwendig ist, damit eine Gesellschaft ihren zivilisatorischen Standard aufrecht erhalten kann, sowie darum, wie es gelingen kann, den Radius der Empathie und Solidarität auf bisher Ausgegrenzte zu erweitern.

    Günter Lempa, Dr. med. // Arzt für Psychiatrie, Psychotherapeutische Medizin und Psychoanalytiker, Leiter der Abteilung analytische Psychosentherapie der Akademie für Psychoanalyse und Psychotherapie München e.V. und Vorstand im Frankfurter Psychoseprojekt. Er leitet mit zwei Kolleginnen eine Studie - eine Kooperation von International Psychoanalytic University und Charité Campus Sankt Hedwig, Berlin - in der Patienten mit Schizophrenie mit einem innovativen Konzept psychotherapeutisch behandelt werden.


  • Sa 28. November, 20:00
    Thomas Dörfler: Die Dialektik der Grenze: Notwendigkeiten und Irrationalitäten kultureller Einhegung

    Kaum eine Thematik ist in heutiger Zeit präsenter in den Themen der politischen Auseinandersetzung als Grenzen, Grenzziehungen und ihre Folgen. Gesellschaftliche Schichten, Territorien und politische Lager definieren deshalb für sich jeweils deutliche Unterschiede, um wahrgenommen zu werden und handlungsfähig zu sein. Der Vortrag möchte diese Ambivalenzen der sozialen, geographischen und politischen Grenzziehung thematisieren, um dafür zu plädieren, gelassener mit gesellschaftlichen Unterschieden umzugehen.

    Thomas Dörfler // Projektmitarbeiter an der Universität Bayreuth, Lehrstuhl Sozial- und Bevölkerungsgeographie; Schwerpunkte: Kultur- und Sozialgeographie, Stadt- und Regionalforschung, Phänomenologie des Raumes, Kritische Theorie und Psychoanalyse, Methoden.


  • Auf Abruf im Archiv - online: [ YouTube ]
    Spyridon Koutroufinis / René Pikarski: Die Grenze als kreativer Prozess - Ein Gespräch zwischen Athen und Berlin

    Die biophilosophische Annahme ist, dass Grenzen keine starren und substanziell festgelegten Demarkationslinien sind, sondern andauernde Prozesse dynamischer (Selbst)-Begrenzung und –Entgrenzung. Der Organismus bildet eine Einheit mit seiner Umwelt und gestaltet durch die permanente Rekonstitution seiner Grenze sich selbst und seine Umwelt. Autoren wie Alfred N. Whitehead, Jakob von Uexküll, Georges Canguilhem, Henri Bergson und Michel Foucault stehen im Zentrum der Betrachtung.

    Spyridon Koutroufinis // seit 2010 als Privatdozent für Philosophie an der Technischen Universtität Berlin tätig. Er hat sich systematisch auf die Biophilosophie, die Prozessphilosophie, die klassische Metaphysik und die Komplexitätstheorie spezialisiert. Den Schwerpunkt seiner gegenwärtigen Forschung bilden die Begründung eines prozessphilosophischen Verständnisses des Organismusbegriffs und die kritische Auseinandersetzung mit dem Trans- und Posthumanismus.

    René Pikarski // Promotion an der Hochschule für Philosophie in München, wo er aktuell seine Dissertation zur Philosophie von Henri Bergson und Michel Foucault schreibt, hinsichtlich der Frage nach einem biophilosophischen Intuitionsbegriff für gegenwärtige sozialkritische Diskurse und für ethopoietische Prozesse. Er lebt und arbeitet in Berlin, u.a. als Moderator und Autor zur Aufarbeitung des deutschen Filmerbes.



    Spielort
    schwere reiter
    Dachauer Straße 116a
    80636 München
    Tram 12, 20, 21 or Bus 53
    Haltestelle Leonrodplatz
    www.schwerereiter.de


    Karten
    Anmeldung über termine@tanztendenz.de
    Es folgt eine Einladung samt Link zur Veranstaltung.


    Das Choreografenatelier des Tanztendenz München e.V. wird gefördert vom Kulturreferat der Landeshauptstadt München, der Kulturstiftung der Stadtsparkasse München, dem Bezirksausschuss 4 / Schwabing West und dem Bezirksausschuss 9 / Neuhausen-Nymphenburg.


    Tanztendenz München e.V. wird gefördert
    durch das Kulturreferat der LH München
  •   Zum Format des Choreografenateliers

    Choreograf*innen des Tanztendenz München e.V. laden Künstler- und Choreograf*innen aus dem In- und Ausland nach München ein, um sich ohne Produktionsdruck zu einem Thema auszutauschen und neue Impulse zu erhalten. Das Atelier besteht aus Workshops und Exkursionen nur für die Gruppe und Veranstaltungen (Filme, Vorträge, Diskussionen) für die interessierte Öffentlichkeit.

    Das 6. Internationale Choreografenatelier wird „coronakompatibel“ re-konzipiert.
    Da zum gegenwärtigen Zeitpunkt internationale Beteiligung höchst unsicher ist, wird der interne Teil mit den Künstler*innen auf das Frühjahr 2021 verlegt, und 2020 ein Themenraum gestaltet, der sowohl live vor Ort, als auch digital stattfindet und damit eine Grundlage für den 2. Teil der Veranstaltung bildet, auf die zugegriffen werden kann.

    Filmprogramm Choreografenatelier 2020 (Aus Rechtegründen dürfen wir das Filmprogramm nicht online zur Verfügung stellen)

    Das war geplant:
    LA ESPERA
    Eine Geschichte enthüllt sich allmählich: verstreute Lagerfeuer und improvisierte Zelte entpuppen sich als Karawane, die sich in Richtung US-Grenze bewegt, auf der Suche nach Sicherheit und einem neuen Leben. Stille Bilder und Fragmente berührender Gespräche lenken die Aufmerksamkeit des Betrachters auf individuelle Schicksale. Was so abstrakt und weit weg erscheint, wird plötzlich nah und lebendig.
    Regie: Danilo do Carmo, Jakob Krese | Germany, Brazil, Netherlands 2020, 14 min.

    BORDER
    2002 verbrachte Laura Waddington Monate in den Feldern rund um das französische Rotkreuzlager Sangatte mit afghanischen und irakischen Flüchtlingen, die versuchten, den Kanaltunnel nach England zu durchqueren. Bei Nacht mit einer kleinen Videokamera gefilmt, die Personen nur von entfernten Autoscheinwerfern beleuchtet, ist „Border“ ein persönlicher Bericht vom Elend der Flüchtlinge und der Polizeigewalt, die auf die Schließung des Lagers folgte.
    Directed, Produced, Written, Camera, Edited: Laura Waddington | Music: Simon Fisher Turner France/UK, 2004, 27 min.

    LA VIE NOUVELLE
    Seymour, ein junger amerikanischer Soldat, stationiert im Kosovo, hat drei Tage in Sofia zu tun. Er wird auf der nächtlichen Busfahrt von Roscoe begleitet, der dort Menschenhandel betreibt. Im Hotel lernt Seymour eine junge ukrainische Prostituierte kennen, er möchte sie in die USA schicken. Um sie freizukaufen, muss er jedoch einen hohen Preis zahlen, nämlich Roscoe verraten. Er akzeptiert den Handel...
    Regie: Philippe Grandrieux
    France / 2002 / 102 min

    WHITE EPILEPSY
    „White Epilepsy“ des französischen Experimental- und Spielfilmregisseurs Philippe Grandrieux erzählt eine minimalistische, auf menschliche Triebe und eine fast schon spürbare Körperlichkeit heruntergebrochene Geschichte vom Aufeinandertreffen von Mann und Frau.
    Regie: Philippe Grandrieux
    France / 2012 / 68 min / ohne Sprache

    FUTUR DREI
    Parvis wächst als Kind der Millenial-Generation im komfortablen Wohlstand seiner Iranischen Einwanderer-Eltern auf. Dem Provinzleben in Hildesheim versucht er sich durch Popkultur, Grindr-Dates und Raves zu entziehen. Nach einem Ladendiebstahl leistet er Sozialstunden als Übersetzer in einer Unterkunft für Geflüchtete. Dort trifft er auf das iranische Geschwisterpaar Banafshe und Amon. Zwischen ihnen entwickelt sich eine fragile Dreierbeziehung, die zunehmend von dem Bewusstsein geprägt ist, dass ihre Zukunft in Deutschland ungleich ist.
    Regie: Faraz Shariat
    Deutschland 2020, 92 Min., Originalfassung in Deutsch u. Farsi, teilweise mit deutschen Untertiteln, FSK 16